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The Hundert versucht der Berliner Online Szene ein Gesicht zu geben

Bleibt aber leider langweilig. Die Idee war eigentlich gut. „The Hundert“ ist ein Magazin, in dem hundert Menschen ein Statement zum StartUp-Standort Berlin abgeben. Schließlich sind es die Menschen, die Wirtschaft machen und eine Stadt, eine Szene prägen. Raus aus der Anonymität, netzwerken, zeigen, dass auch Deutschland hippen Gründernachwuchs hat, der es sehr wohl mit dem des Silicon Valley aufnehmen kann.

The Hundert

Jan Thomas und Konstantin Iwanow, die auch den Blog Berlin Valley machen, haben an sich sehr gute Arbeit geleistet. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei den nächsten Ausgaben. Der Auftritt Ihres Magazins ist überzeugend und modern. Layout und Thema sind überaus ambitioniert. Und es hätte bestimmt spannend werden können, wenn tatsächlich in den Beiträgen Thesen aufgestellt worden wären, Blicke in die Zukunft, auch mal gegen den Strich gebürstet.

Doch was soll man davon halten, wenn Springer Chef Matthias Döpfner seinen Beitrag wie folgt beginnt:

Ich gehe gern spazieren. Auf einem Spaziergang durch Berlin fällt dabei vor allem eines auf: die uneinheitliche Struktur der Stadt – sowohl architektonisch als auch soziokulturell. Mal hässlich, mal schön, mal spießig, mal hip, mal avantgardistischMatthias Döpfner

Also, belangloser geht es kaum.

Viel mehr hätte man sich von der Diskussion gewünscht, die Bild-Chefredakteur Kai Diekmann in seinem Statement kurz anreißt. Diekmann bremst die sonstigen (schon fast peinlichen) Lobeshymnen auf Berlin aus:

„Gleichwohl hinkt der Vergleich mit dem Valley. Noch fehlen der Hauptstadt nämlich fast alle Komponenten, die das dortige Ökosystem ausmachen. Die Big Tech-Companies, eine Universität vom Kaliber Stanford und nicht zuletzt Venture-Capital.Kai Diekmann

Mehr davon!

Aber leider gibt es das Format (noch) nicht her. Kontroverse, nein, vielleicht auch mal handfester Streit, ist nötig, um eine Sache voranzubringen. Zu oft macht Berlin den Fehler, sich zu sehr auf sich selbst zu konzentrieren. Kritiklos, selbstverliebt.

Fakt ist, dass die Berliner StartUps vor allem von der niedrigen Lohnstruktur in Berlin profitieren. Es ist leichter, einen jungen Absolventen dafür zu gewinnen, für ein Jahr ein unbezahltes Praktikum in der Hauptstadt zu machen, als etwa in Hannover oder Hildesheim. Berlin muss erst noch beweisen, dass es ein Standort ist, aus dem tatsächlich auch Unternehmen von Bestand hervorgehen können. Dafür braucht es Zeit und langen Atem.

Am Übergang vom StartUp zur echten Firma scheitern immer noch viele Neugründungen. In den Anfangsjahren wird alles in teils selbstausbeuterischer Weise von der eigenen Motivation getragen. Doch Firmen müssen auch dann noch funktionieren können, wenn alle einfach „nur“ ihren Job machen. Irgendwann ist es nicht mehr das Arbeiten unter Freunden und mit Gleichgesinnten.

Die StartUp-Szene hat dann langfristig Erfolg, wenn die Gründer mit ihren Firmen über kurz oder lang mitwachsen, sich weiter professionalisieren und immer weiter an ihren Managementfähigkeiten arbeiten.

Ein Netzwerk für den Austausch untereinander ist hierfür ein wichtiges Fundament. Die Gesichter dieses Netzwerkes sind mit „The Hundert“ sichtbar geworden. Es ist ein Anfang.

Über den Autor Henning Zander

Henning Zander ist Wirtschaftsjournalist und externer Datenschutzbeauftragter (TÜV). Er arbeitet u.a. für FOCUS-Business, Legal Tribune Online und das Anwaltsblatt. Er ist Autor des Buches Startup für Einsteiger

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